Wir alle wissen, wie tief die sozialen Medien inzwischen unser tägliches Leben beeinflussen. In den letzten Jahren sind ihre Nutzung und der Missbrauch, der daraus resultieren kann, auch im Bereich des Rechts ein immer wiederkehrendes Thema. Diese Themen beschäftigen nicht ausschließlich den Gesetzgeber, der Vorschriften zur Regelung dieser Phänomene ausarbeiten muss, sondern auch die Rechtsprechung und die Rechtsanwälte, die sich manchmal mit Fragen beschäftigen müssen, die noch nicht förmlich geregelt sind.

Dies ist der Fall bei Sharenting, dem Phänomen, bei dem Eltern Bilder ihrer Kinder im Internet veröffentlichen (von Sharing, also Teilen und Parenting im Sinne von Elternschaft), ein Zustand, der inzwischen weit verbreitet ist und verschiedene Probleme mit sich bringt, nicht nur im Hinblick auf den Schutz der Kinder.

Das Sharenting ist so weit verbreitet, dass es Frankreich dazu veranlasst hat, ein Gesetz zu verabschieden, um es zu regulieren und einzudämmen.

Die ersten Lebensstunden, die ersten Schritte, Taufe, Geburtstage oder lustige Videos. Nach Angaben der Italienischen Gesellschaft für Pädiatrie (Società italiana di pediatria ) werden allein in den ersten fünf Lebensjahren eines Kindes mehr als 1.500 Bilder von Eltern und Verwandten geteilt. Und nach Angaben des Observatoire de la Partentalité et de l’Éducacion numérique gewähren 40 % der westlichen Familien über den Internetzugang Einblick im Leben ihrer Kinder, ohne sich der Gefahren bewusst zu sein, die dieses kompulsive Teilen mit sich bringen kann und wie sie das Bild ihrer Kinder gefährden.

Aber es gibt eine bestimmte Situation, in der dieses Phänomen zu unmittelbaren Problemen führen kann, und zwar das Scheitern einer Ehe und folglich die Phasen der Trennung und der Ehescheidung.

Ja, wie jeder weiß, müssen die beteiligten Parteien bei einer Ehekrise und allem, was diese mit sich bringt, auf scheinbar übliche und normalerweise harmlose Verhaltensweisen achten, die in diesem Fall beim Ex-Partner, der durch die Gesamtsituation bereits (leicht) gereizt ist, den Willen auslösen könnten, ‚im Namen des Gesetzes‘ zu handeln, um das Kind zu schützen. Gerade in diesem Kontext, in dem jeder Vorwand gut ist, um Probleme zu produzieren, könnte der Ex-Ehepartner und der gemeinsame Elternteil des Kindes plötzlich bewusst werden, dass es rechtswidrig ist, Bilder von Minderjährigen ohne die vorherige Zustimmung beider Elternteile in sozialen Netzwerken zu veröffentlichen.

Genau aus solchen Situationen heraus sind die beiden Gerichtsentscheidungen des Familiengerichts in Turin, Italien, entstanden, die unter den Fachleuten auf diesem Gebiet für Aufregung gesorgt haben. Die Richter hatten auf Anregung eines Rechtsbeistands einer der beiden Parteien beschlossen, in zwei Scheidungsurteile eine so genannte ‚Zustimmungsklausel‘ einzufügen. Dabei handelt es sich um eine Art präventive Vereinbarung zwischen den Eltern, die dazu dient, Konflikte und Schadensersatzklagen zu vermeiden, wenn die Zustimmung des anderen zu Veröffentlichung eines Bildes im Internet nicht vorliegt.

Es handelt sich um eine von beiden Elternteilen unterzeichneten Erklärung, in der sie im Voraus ihr Einverständnis mit der Veröffentlichung von Bildern ihres Kindes in sozialen Netzwerken erklären, sofern diese Inhalte den Interessen des Kindes nicht schaden.

Diese Klausel darf jedoch nur in bestimmten (begrenzten) Situationen und nicht willkürlich angewendet werden. Die beiden Fälle, in denen sie angewandt wurde, betreffen nämlich Eltern, die sich aufgrund von Entfernung oder Arbeit im Voraus schützen müssen. Der erste Fall betrifft zum Beispiel eine Influencerin, welche für Modemarken wirbt und daher soziale Medien beruflich nutzt. In diesen Fällen könnte die betroffene Partei nach der Sperrung ihres Profils, aufgrund der Beschwerde des anderen Elternteils, weil sie Bilder ihres Kindes ohne die erforderliche Zustimmung veröffentlich hat, einen ernsthaften Schaden erleiden, erstens bei dem wirtschaftlichen Verlust, der sich daraus ergäben könnte, weil sie ihrer Arbeit nicht nachgehen kann, bis hin zu den Folgen, die sich daraus ergeben, dass sie die vertragsbedingte Verpflichtung gegenüber den Modehäusern, für die sie Werbemarketing betreibt, nicht einhalten kann.

Natürlich ist es auch die Aufgabe des Anwalts, der/die Mandant*in zu einer bewussten Entscheidung zu bewegen und zu versuchen, die Interessen des Kindes zu vertreten, in einer Situation, in der die Eltern von Groll und Wut beherrscht werden und vergessen, dass die Kinder an erster Stelle stehen, selbst wenn es um den Konflikt mit dem Ex-Partner geht.

Ein gesunder Menschenverstand muss also als Richtschnur dienen und auch wir Anwälte sind angehalten, unsere Mandanten daran zu erinnern, unnötige Streitereien zu vermeiden, die den Kindern nur noch mehr schaden würden.